Schutz vor Gewalt und Belästigung am Arbeitsplatz

Deutschland hat Ratifizierung eines internationalen Übereinkommens gestartet

Die Bundesregierung hat einen Gesetzentwurf zur Ratifikation des Übereinkommens Nr. 190 der Internationalen Arbeitsorganisation über die Beseitigung von Gewalt und Belästigung aus dem Jahr 2019 beschlossen. Der Entwurf wurde inzwischen im Bundesrat als Drucksache 689/22 an den zuständigen Ausschuss für Arbeit, Integration und Sozialpolitik (AIS) überwiesen und selbiges ist vom Bundestag zu erwarten.

Das Übereinkommen setzt weltweit ein klares Zeichen, dass jedes Verhalten, das Menschen im Arbeitsumfeld herabsetzt, demütigt, sexuell belästigt oder auch physisch beziehungsweise psychisch angreift, verboten und damit auch geächtet wird. Das Übereinkommen ist weltweit das erste dieser Art, das Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sowie andere Personen in der Arbeitswelt weitreichenden Schutz vor Gewalt und Belästigung in der Arbeitswelt bietet. Ebenso geschützt sind natürliche Personen, die die Befugnisse, Pflichten oder Verantwortlichkeiten einer Arbeitgeberin oder eines Arbeitgebers ausüben.

“Die weltweite #metoo-Debatte benennt seit 2017 sehr deutlich die Probleme, die auch in Deutschland mit sexualisierter Gewalt in der Arbeitswelt existieren. Im Jahr 2022 hat die Debatte leider nichts von ihrer Bedeutung verloren. Wichtig sind daher die bestehenden Bestimmungen im Arbeitsschutz und im Strafrecht in Deutschland sowie Hilfsangebote, wie beispielsweise die von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien unterstützten Vertrauensstelle gegen sexuelle Belästigung und Gewalt.” Soweit eine Stellungnahme des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) vom Dezember 2022.

Die hier angesprochene Vertrauensstelle THEMIS hat einen klaren Präventionsleitfaden veröffentlicht und daneben einen Informations-Aushang für Arbeitsstätten entworfen, wie er im Kontext von Verhaltensweisen zur Ersten Hilfe und zur Brandbekämpfung bekannt, üblich und vorgeschrieben sind. Daneben werden Fragestellungen zur Prävention und Handhabung von entsprechenden Vorkommnissen oder Verdachtsfällen in Online-Seminaren für Arbeitgeber und ArbeitnehmerInnen behandelt.

Keine Ausreden mehr – Wer nicht handelt wird zum Teil des Problems

Die Umsetzung dieses Leitfadens und die Nutzung des entsprechenden Aushangs zur Information und zur Prävention gegen sexualisierte Gewalt und Belästigung am Arbeitsplatz wird in naher Zukunft kein “Best Practice” mehr sein, sondern eine zwingend umzusetende Maßnahme im Rahmen des Möglichen. Wer im Betrieb keine Rahmensetzungen für ein gewalt- und belästigungsfreies Klima am Arbeitsplatz schafft, sowie ein Meldesystem im Betrieb etabliert, ist Teil des Problems – da gibt es leider keine Ausreden mehr.

Das Übereinkommen Nr. 190 der Internationalen Arbeitsorganisation schafft erstmals eine international verbindliche Definition von Gewalt und Belästigung in der Arbeitswelt und schließt geschlechtsspezifische Gewalt und Belästigung explizit ein. Es setzt ein klares Zeichen, dass jedes Verhalten, das Menschen im Arbeitsumfeld herabsetzt, demütigt, sexuell belästigt oder auch physisch beziehungsweise psychisch angreift, verboten und damit auch geächtet wird.

Die Konvention will sicherstellen, dass in Fällen von Gewalt und Belästigung in der Arbeitswelt leichter Zugang zu geeigneten und wirksamen Abhilfemaßnahmen sowie zu sicheren, fairen und wirksamen Melde- und Streitbeilegungsmechanismen und -verfahren besteht. Ob und welche gesetzliche Anpassungen, etwa im Allgemeinen Gleichstellungsgesetz (AGG) die Ratifizierung der Konvention nach sich ziehen wird, ist noch offen.

Der Bundesverband Produktion Film und Fernsehen ist als Arbeitnehmerorganisation Mitglied im Trägerverein der THEMIS Vertrauensstelle, und wir rufen alle Herstellungs- und Produktionsleiter auf, für eine angemessene Information des Produktionsstabs zu sorgen, und die nötigen Informationen zur betrieblichen Meldestelle und zur internen Zuständigkeit zur Klärung von Vorfällen vom Produzenten oder seinen Beauftragten einzuholen. Denn, was bisher geschah, reicht nicht aus, um regelmäßige psychische und physische Belästigung und Gewalt bis hin zu Vergewaltigungen in unserer Branche effektiv zurückzudrängen, geschweige denn zu verhindern.