PAIQ Praxis-Workshops Produktion

Die PAIQ ergänzt ihre Volontariats-Programme um eine Reihe von Praxisworkshops

Die Qualifizierung der Mitarbeiter liegt im Interesse von Unternehmen, und somit auch deren Weiterbildung. Die Freie Filmproduktion in Deutschland hat sich lange Zeit auf die “mitgebrachte”, hinreichende Vorqualifikation ihrer Mitarbeiter verlassen können. Dies galt bisher mehr oder weniger auch für den Projektbereich. In diesem kommen nahezu 100% freie oder befristet angestellte Mitarbeiter entsprechend ihrer Qualifikation temporär zum Einsatz. Und auch Berufseinsteiger und Quereinsteiger fanden hier eine Palette von Tätigkeiten vor, die ihnen das Sammeln der ersten praktischen Erfahrungen ermöglichten, welche es zur professionellen Entwicklung der eigenen Fähigkeiten und Vor-Qualifikationen braucht.

Die Branchenverbände haben längst erkannt, dass dieses Selbstläufer-System des “Personalmanagement” ins Stocken geraten ist, und nicht nur wegen der von den Arbeitgebern stark kritisierten Einführung des Mindestlohns. Vielmehr ist der Bedarf nach qualifizierten und/oder spezialisierten Mitarbeitern in den letzten Jahren fast schon sprunghaft gestiegen und kann durch den “natürlichen”, also ungeförderten Nachwuchs nicht mehr gedeckt werden, welcher zeitgleich stagnierte bzw. sogar abnahm.

Der aktuelle Stand ist: Für die Schlüsselpositionen der Abteilungsleiter finden sich zur Zeit teils noch die mehr oder weniger solide qualifizierten Mitarbeiter,  doch spätestens unterhalb der Abteilungsleitungs-Stufe wird die Luft rapide sehr dünn – sowohl was die Anzahl als auch was die gründliche Qualifikation der Mitarbeiter betrifft. Und dies zunehmend nicht nur in der “traditionellen Dreh-Hochsaison” zwischen Ostern und September eines Jahres.

Die Produzenten-Allianz hat mit ihrer Qualifikations-Initiative PAIQ vornehmlich die Mitarbeiter und  den Nachwuchs im Bereich der Produktionsberufe im Blick. Zunächst waren Volontariats-Programme aufgelegt worden, in welchen die Produktionsunternehmen und “Nachwuchstalente” zusammengebracht werden sollten. Konkret sind dies die Programme AV!VOLO für die audiovisuelle Produktion fiktionaler und non-fiktionaler Inhalte sowie E!VOLO, welches speziell auf die Medien-Entertainmentbranche zugeschnitten ist.

Diese Programme wurden nun durch ein Reihe von Praxis-Workshops ergänzt, welche auch an bereits im Beruf stehende Produktionsmitarbeiter adressiert ist und welches Aufbau, Erweiterung und die spezialisierte Vertiefung bestimmter Kompetenzen der beruflichen Entwicklung im Fokus hat.
Details zu den Workshops können dem PDF-Flyer der PAIQ im folgenden Download-Button entnommen werden.

Wurde das Volontariatsprogramm der PAIQ vor einem Jahr angesichts des Ausmaßes unseres Nachwuchsproblems noch teils belächelt, als Eintagsfliege oder gar als Feigenblatt-Initiative der Arbeitgeber bezeichnet, so zeigt sich doch klar, dass die Qualifikations-Initiative der Produzentenallianz sich nicht nur verstetigt, sondern dass sie dabei auch ausgebaut wird.
Das mag im Kontext wie gesagt zunächst als wenig erscheinen.

Herausforderung der passgenauen Berufsbildung für Filmschaffende

Doch die vorsichtigen Versuche anderer Verbände und Initiativen bestätigen, dass ein solides Weiterbildungsprojekt nicht “mal eben so” aus dem Boden zu stampfen ist, sondern dass es einen langen Atem und entsprechende Mittel braucht.

Umso mehr ist zu loben, dass die Initiative der Produzentenallianz auch bewusst versucht, die systemischen Branchenprobleme mit der beruflichen Weiterbildung  anzupacken:
Nämlich die Überwindung der mit den branchentypischen “atypischen” Beschäftigungsverhältnissen einhergehenden Probleme – und zwar durch die Förderung der Kooperation mehrerer Unternehmen zum Zwecke der längerfristigen Nachwuchsausbildung. Und durch Anreize durch finanzielle Vergünstigungen für Mitgliedsunternehmen des größten Arbeitgeberverbands der Filmbranche.
Die Schaffung projekt-übergreifender Strukturen und Kooperations-Anreize sind der richtige Weg. Nicht nur um die Aufgabe der Qualifizierung für unsere Branche einen wichtigen Schritt weiterzubringen, sondern auch um weitere Defizite des Produktionsstandort Deutschland im internationalen Vergleich sowie weitere anstehende Aufgaben aktiv und gestaltend anzugehen. Die bisher entwickelten Branchenstrukturen sind zwar durchaus aufbaufähig, stehen jedoch nicht für eine nachhaltige Weiterentwicklung des Branchenstandorts.

Wenn uns die Covid-Pandemie eines gezeigt hat, dann dass sich umfassende und solide Arbeitsergebnisse der Branche nicht nur als Krisenstandard anerkennungsfähig erwiesen haben, sondern dass solche Standards auch finanzielle und rechtliche Absicherungen rechtfertigen und auslösen können.
Wenn nicht innerhalb der Branche Konzepte für lösungsorientierte Strukturen und Standards gebildet werden, dann darf sie sich auch keine Unterstützung, Investitionen oder Förderungen von Außen erwarten. Eine Branche, die sitzt und wartet, ist nicht förderwürdig.

Ohne maßgeschneiderte staatliche Ausbildungsprogamme und ohne eigene Berufsbildungskonzepte wird man weiterhin von den Marktmechanismen einer Weiterbildungs-Industrie abhängig bleiben, deren Output in der Entwicklung und Verstetigung von berufsangepassten Aus- oder Weiterbildungs-Systemen für den Personalbedarf unserer Nischenbranche in den letzten 20 Jahren erschreckend niedrig war.

Der nächste Schritt muss sein, die verschiedenen Initiativen und Ansätze  gemeinsam und im Kontext unsererer umfangreichen Berufsbilder zu betrachten, unter Anwendung allgemeiner Qualifikationsrahmen eine solidere Berufsbildungsplanung im Sinne des Bundesinstituts für Berufsbildung BIBB ins Auge zu fassen – zunächst vielleicht prototypisch, doch mit dem letztlichen Ziel einer modularen Grund- und Weiterbildungssystematik für ganze Berufsgruppen unserer Branche.

Ohne eigene starke berufliche Standards und Rahmensetzungen für die Aus- und Weiterbildung wird die Filmbranche im Kontext der Kultursparte und im Wettbewerb mit anderen Wirtschaftssparten, als Arbeits- und Wirkstätte perspektivisch unsichtbar und uninteressant für Berufseinsteiger und auch Quereinsteiger bleiben.

Wer also lieber weiter abwarten und sich darauf verlassen möchte oder muss, dass sich durch die nächste zu erwartende Markt-Normalisierung und durch die Risiken einer Re-Strukturierung der öffentlich-rechtlichen Auftragssender sich das Personalproblem von selbst löst, ist um das zu erwartende böse Erwachen nicht zu beneiden.

Für die Produktionsberufe hat die PAIQ mit ihren bisherigen Programmen jedenfalls einen umfassenderen, ausbau- und weiterentwicklungsfähigen Rahmen zumindest schon mit bedacht. Dies begrüßen wir ausdrücklich und hoffen, dass dieser Rahmen und auch die Erfahrungen der Macher*innen für die Weiterentwicklung unserer Branchenqualifikation in einem größeren Kontext eine Rolle spielen werden.