Verhaltenskodex für die Vergabe von Auftragsproduktionen durch öffentlich-rechtliche TV Sender

Vier Produzentenverbände  hatten einen Verhaltenskodex für die Vergabe von Auftragsproduktionen durch öffentlich-rechtliche TV Sender vorgeschlagen. Nun erfolgte die Antwort der ARD: Man sei nicht interessiert, denn: “die bisherige Zusammenarbeit mit den Produktionsfirmen sei gut, erfolgreich, vertrauensvoll und transparent genug.”

Hier die Antwort der Verbände:

01. Februar 2013

Verhaltenskodex für die Vergabe von Auftragsproduktionen durch öffentlich-rechtliche Fernsehsender

Sehr geehrte Frau Prof. Dr. Wille,
wir danken Ihnen für Ihre Antwort auf unsere Vorschläge für mehr Transparenz der Sender und faires Miteinander im Umgang zwischen Sendern und Produzenten.
Zusammenfassend bewerten Sie die Zusammenarbeit mit den Produktionsunter-nehmen als gut, erfolgreich, vertrauensvoll und transparent und bringen zum Aus-druck, dass Sie vor dem Hintergrund dieser Einschätzung keine Veranlassung sehen, sich mit dem von uns vorgelegten Verhaltenskodex näher auseinander zu setzen.
Wir bedauern dies sehr. Wir sehen die derzeitige mediale Diskussion über die Mittelverwendung, Programmqualität und Transparenz der öffentlich-rechtlichen Sender mit großer Besorgnis, da sie letztendlich die Bestandsberechtigung in Frage stellen kann. Wir stehen zu ARD und ZDF und zu engagierten Redakteuren und Programmmachern. Ohne die öffentlich-rechtlichen Sender würde die Programm-qualität und –vielfalt hierzulande noch weiter absinken. Das darf uns aber nicht daran hindern, auf Fehlentwicklungen hinzuweisen und für eine dringend notwendige Reform und lückenlose Transparenz bei der Auftragsvergabe zur Herstellung hochwertiger TV-Programme zu streiten.

Das sollten Sie bedenken, denn nicht nur wir, sondern auch Politik und Öffentlichkeit fordern mehr Transparenz. Wir zitieren den Vater des neuen Rundfunkbeitrags, Ex-Verfassungsrichter Paul Kirchhof, der feststellt: “Jeder Beitragsschuldner hat einen Anspruch darauf, zu wissen, was mit seinem Geld geschieht, welche Sendung für welche Summen gekauft und produziert wird.”
Das heißt: Wer von der Gesellschaft finanziert wird, der ist der Gesellschaft auch auf Euro und Cent rechenschaftspflichtig.
Die meisten der jüngeren Korruptionsaffären innerhalb einzelner ARD-Anstalten hätten durch die Anwendung des von uns vorgeschlagenen Verhaltenskodex zur Auftragsvergabe verhindert werden können. Hier stellt sich die Frage, warum die Juristische Kommission der ARD denn einen internen Revisionsbericht erstellt hat, der die Auftragsvergabe der ARD kritisch durchleuchtet und zahlreiche Änderungen der bisherigen Praxis empfiehlt? Warum wird dieser Bericht entgegen allen Trans-parenzbeteuerungen nicht veröffentlicht? Warum wurde er bisher noch nicht einmal Ihren Kontrollgremien zur Verfügung gestellt?

Des weiteren kann die Zusammenarbeit der ARD mit den Produzenten aus unserer Sicht leider nicht mehr als ausreichend gut und erfolgreich bezeichnet werden. In der jüngsten Produzentenstudie von Castendyk/Goldhammer ist dokumentiert, dass 18% der Produzenten mit Verlust und weitere 22 % im kritischen Bereich der Margen zwischen 0 und 2,5% Gewinn arbeiten, also dauerhaft am Rande der Insolvenz wirtschaften.

Wir finden es nicht angemessen, dass die ARD von ihren Einnahmen von über 5,5 Mrd. Euro nur etwa ein Drittel in das Programm investiert. Dies ist aus unserer Sicht umso mehr zu kritisieren, da ungeachtet in aller Regel von Gebührenperiode zu Gebührenperiode steigender Gesamteinnahmen der ARD-Anstalten die Etats für die in Auftrag gegebenen Programme trotz gestiegener Herstellungskosten eingefroren und teilweise gesenkt werden. So werden die steigenden Kosten für Verwaltung und Altersversorgung mehr und mehr auf Kosten der Fernsehproduzenten und Fernsehschaffenden gedeckt. Diese Sparpolitik im Programmbereich führt nicht zuletzt dazu, dass den Gebührenzahlern schon jetzt nicht mehr die Programmvielfalt und -qualität geliefert wird, auf die sie einen verfassungsrechtlichen Anspruch haben.

Wie bereits gesagt, stehen wir in der öffentlichen Diskussion um Bestand und Weiterentwicklung des öffentlich-rechtlichen Fernsehens zu ARD und ZDF. Die Zukunft der Sender ist dabei eng verknüpft mit der Zukunft der Produzenten. Es würde uns sehr freuen, diesen Weg mit Ihnen und der gesamten ARD gemeinsam zu gehen.
Wir finden es deshalb wichtig und angemessen, diese Debatte zu führen, mit der wir einen konstruktiven Beitrag für die Transparenz und damit auch für die Akzeptanz des gebührenfinanzierten Fernsehens in Deutschland leisten wollen. Dies umso mehr, als sich der von uns vorgelegte Verhaltenskodex auf ein Modell stützt, das sich für die BBC, die in den letzten 60 Jahren immer wieder als Vorbild für die ARD diente, bewährt hat.
Für ein Gespräch dazu stehen wir weiterhin zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen

Thomas Frickel für die AG Dokumentarfilm (AG DOK) e.V.
Gerhard Schmidt für den film & fernseh produzentenverband nrw e.v.
Konstantin von Ahlefeld für den Verband Deutscher Filmproduzenten e.V.
Arno Ortmair für den VFFVmedia/Verband der Fernseh-, (VDFP) Film-,Multimedia- und Videowirtschaft e.V.

Zeichnung: Wilhelm Busch