Strategien im Umgang mit sexueller Belästigung in der Kulturbranche

Die Themis Vertrauensstelle informiert Führungskräfte, potentiell betroffene Personen und Unterstützende

Der Bedarf ist enorm und das Ausmaß von Anzahl und Art von Beschwerdefällen aus der Mitte unserer Branche ist erschütternd. Daher legt die Themis Vertrauensstelle im Rahmen ihrer Möglichkeiten einen noch stärkeren Fokus auf die praktische Prävention.

Wie schon im Vorjahr und im Frühjahr dieses Jahres bietet die Themis Vertrauensstelle im Rahmen ihrer personellen Kapazitäten wieder zwei Webinar-Formate zum Themenbereich sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz im Kultur- und Medienbereich an. Idealerweise sollten Firmen ihre MitarbeiterInnen zu diesen Seminaren entsenden – sprecht mit Euren Vorgesetzten, wenn Ihr Eure Kenntnis des Themas fundiert erweitern wollt.
Es empfiehlt sich der Versuch, sich über ein Produktionsunternehmen bei den Seminaren anzumelden, falls dieses bereit ist, die Seminargebühren zu übernehmen. In jedem Falle muss die Anmeldung schnell gehen – die Platzzahl ist limitiert und die Webinare sehr schnell ausgebucht!

Termine / Informationen / Anmeldung

Mittwoch, 25. Oktober 2023 von 10.00 – 16.00 Uhr
Selbstschutz und Empowerment. Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz.
(Webinar-Kurzinformationen im Terminkalender dieser Website)

Mittwoch, 15. November 2023 von 10.00 – 16.00 Uhr, oder
Mittwoch, 22. November 2023 von 100.00 – 16.00 Uhr
Meine Pflichten kennen. Umgang mit dem Thema sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz für Führungskräfte.
(Webinar-Kurzinformationen im Terminkalender dieser Website)

Nähere Informationen & Anmeldung über https://themis-vertrauensstelle.de

Erfahrungsbasierte Tipps zu diesem Webinar-Angebot der Themis Vertrauensstelle

Der Bundesverband Produktion Film und Fernsehen e.V. (BvP) hat als Mitglied des Trägervereins der Themis Vertrauensstelle zwei seiner Mitglieder in die Webinar-Formate des Jahres 2022 entsandt und die Webinarkosten übernommen, um Erfahrungsberichte aus Teilnehmersicht zu den Webinaren zu erhalten. Wir empfehlen die Seminare daher gerne, empfehlen jedoch ebenfalls eine vorbereitende, eingehende Beschäftigung mit den schriftlichen Informationsangeboten der Themis Vertrauensstelle. Dies gilt insbesondere für Teilnehmende am Webinarforrmat für Führungskräfte.

Warum nicht einfach nur teilnehmen? Das Beratungsfeld der Themis richtet sich nicht nur an Betriebe und Beschäftigte der Film- und Medienbranche, sondern gleichfalls an weitere Kultursparten, wie zum Beispiel Theaterbetriebe und ihre Beschäftigten. Entsprechend unterschiedlich kann der Fokus der Teilnehmenden ausfallen. Auch die spezifischen Frage- und Problemstellungen können daher sehr unterschiedlich gewichtet sein, je nach Zusammensetzung der tatsächlichen Webinar-Teilnehmenden. Als Illustration sei am Beispiel des Führungskräfte-Webinars aufgeführt, dass die freie Filmproduktionswirtschaft noch nach Lösungen für die Einrichtung funktionaler Meldesysteme zwischen ihren Außen-Mitarbeitenden (Produktionsstab) und der verantwortlichen Geschäftsleitung suchen, während die Theaterbetriebe einen Schritt weiter sind, jedoch um die lösungsgerechte und sach-angemessene Einbindung von betrieblichen Vertrauenspersonen oder wahlweise von Betriebsräten in ein schlüssiges betriebliches Präventionskonzept ringen. Daher empfiehlt es sich, dieses Webinar-Angebot vorbereitet zu besuchen, um eigene Frage- oder Problemstellungen zielgerichtet einbringen zu können, und wichtige Fragen nicht erst im Laufe des Seminars zu entwickeln und womöglich erst am Ende unter Zeitdruck platzieren zu können.

Auch die Vertiefung von Themen bei der Vermittlung an Mitarbeitende kann je nach eigenem Fokus der Teilnehmenden unterschiedlich gewichtet ausfallen. Die Hilfs-Bausteine für die Perspektive von sich als potentiell betroffen sehende können einen anders gelagerten Schwerpunkt im Webinar entwickeln, als jene für persönliche oder betriebliche Vertrauenspersonen. Auch hier hilft es, schon vor dem Webinar informiert den eigenen Fokus zu schärfen, um gezielt eigene Verständnislücken schließen lassen zu können.

Eminent wichtig ist es, dass eine effektive betriebliche Prävention alle Perspektiven zulassen, einschließen und entwickeln muss. Dazu gehört auch, ein Verständnis für die Grenzen betrieblicher Möglichkeiten und rechtlicher Pflichten auf betrieblicher Ebene zu kennen, damit auch im konkreten Ernstfall die Sicherheit im Betrieb mit einem einvernehmlichen Verständnis von Angemessenheit wahren zu können. Ein Gefühl hierfür, zum Beispiel für die potentiell außerst komplexe Dynamik in der Phase einer betrieblichen Sachverhalts-Feststellung, können die Webinare der Themis gut vermitteln.

Aktueller Hinweis: Die Website der Themis Vertrauensstelle befindet sich derzeit im Umbau. Die schriftlichen Informationsbroschüren stehen dort [Stand 20. September 2023] dennoch als Digital-Download zur Verfügung.

Ungesicherte Zukunft der Themis Vertrauensstelle

Mit großer Sorge nehmen wir zur Kenntnis, dass das aus unserer Sicht unverzichtbare Angebot der Themis Vertrauensstelle für die Kulturbranche Deutschlands auch nach mehreren Jahren keinesfalls als selbstverständlich und abgesichert bezeichnet werden kann. Der als Anschubfinanzierung und Entwicklungsförderung gedachte Zuschuss von Seiten der Beauftragen der Bundesregierung für Kunst und Medien (BKM) ist immer noch der wichtigste Baustein in der Finanzierung des Trägervereins. Einer Einrichtung, welche zwar die Unternehmen der Kulturbranche von Themen der Präventions- und Akutberatung entlasten sollte, diese hierdurch jedoch keinesfalls von ihren unternehmerischen Fürsorgepflichten entbinden kann. Wer es fragwürdig fand, dass diese Angebot einer überbetrieblichen Einrichtung zur Prävention und Beratung in diesem besonders sensiblen Feld des Arbeits- und Gesundheitsschutz mittelfristig zur Gänze durch freiwillige Mitgliedschaften der Arbeitgeber finanziert werden sollte, sieht sich aus heutiger Sicht leider bestätigt.
Die Finanzierung der Themis Vertrauensstelle ab 2025 steht aus heutiger Sicht in den Sternen. Sowohl die künftige Subventionierung des Schutzes von Kulturbeschäftigen durch Bundesmittel, als auch ein weiterhin starkes finanzielles Engagement einzelner Film-Auftraggeber als größte Einzel-Beitragszahler, müssen als unsicher bezeichnet werden, während das Engagement anderer Arbeitgeber weiterhin auf deutlich niedrigerem Niveau verharrt.
Im Kontext der Einführung einer umsatzbezogenen Investitionsverpflichtung für Sender und sonstige private Auftraggeber der Branche wurde zuletzt diskutiert, dass dieses möglicherweise mit deren bestehendem Engagement an Förderinstrumenten der FFA verrechnet werden könne, um dieses stabilisierende Förderinstrument der Branche nicht zu gefährden. Für direktes, und bislang freiwilliges Engagement von Unternehmen für Ziele in den Bereichen Soziales, Arbeits- und Gesundheitsschutz sowie Nachhaltigkeit sollte man dies ebenfalls in Betracht ziehen. Für die Nachhaltigkeitsstandards der Branche erscheinen solche Erwartungen bereits umsetzbar, sind sie doch inzwischen entsprechend institutionell verankert. Für brancheneigene Initiativen im Bereich Soziales hingegen gilt dies nicht. Diese beziehen sich weiterhin ausschließlich auf die allgemeingültigen Arbeitsnormen sowie tarifvertragliche Mindeststandards.

Die zuletzt von einer Arbeitsgruppe mit der selbstgewählten Bezeichnung Initiative Fair Film postulierte Forderung, die Themis Vertrauensstelle Forderungen nach einer ausdifferenzierten Entwicklung brancheneigener Sozialstandards muss dabei leider als nicht hilfreich bezeichnet werden. Dasselbe gilt für deren Forderung, die Themis zu einer Beschwerdestelle für Machtmissbrauch auszubauen – dies muss aus heutiger Sicht als frommer und obendrein uninformierter Wunsch bezeichnet werden. Eine Beschwerdestelle muss sinnvollerweise mit einem verpflichtenden Handlungsmandat als Teil einer Meldekette innerhalb oder außerhalb der betrieblichen Ebene ausgestattet sein, um die erforderlichen betrieblichen Maßnahmen auslösen zu können – Beschwerden wären ansonsten sinnlos. Ein Vertrauensstelle hingegen muss als neutrale und geschützte Beratungsstelle für Ratsuchende, egal ob Betroffene, Zeug:innen oder betrieblich Verantwortliche, geführt werden. Eine Vermischung von beidem würde im konkreten Fall den Erwartungen in die unbedingte Vertraulichkeit und Nicht-Parteilichkeit der Themis unweigerlich Schaden zufügen.

Das arbeitspolitische Leuchtturm-Projekt Themis könnte also in den nächsten Monaten sowohl aus finanziellen Gründen in unsicheres Fahrwasser geraten, als auch aus Gründen struktureller Fehlentwicklungen. Und dies wo sie eigentlich bereits von Beginn mit dem tatsächlichen Beratungsbedarf überbelastet war.

Effektive Zeichen setzen für ein Klima, das möglicher Belästigung und Gewalt am Arbeitsplatz vorbeugt!

Es gibt keine Ausreden mehr! Prävention fängt bei der Unterweisung von Mitarbeitenden an.
Wenn diese entsprechend dem Bedarf nicht möglich ist, sind alle gefragt, die Mindeststandards selbst zu setzen.
Der Aushang der Themis Vertrauensstelle darf aus unserer Sicht neben den vorgeschriebenen Erste-Hilfe-Aushängen in Betriebsstätten nicht mehr fehlen.
Setzt als ersten Schritt  ein Signal und schafft Abhilfe, wenn dieser in Eurer Arbeitsstätte oder an Eurem Drehort fehlt!
Hier als Download zum Ausdrucken: